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Kleine Pechsträhnen auf Reisen - Aserbaidschan

  • von Alicia
  • 15 März, 2019

Ach, Aserbaidschan, du bist bestimmt schön und hast deine Reize, aber leider haben die Tücken einer Weltreise es auf dich abgesehen, sodass für uns der Aufenthalt einfach unter keinem guten Stern stand – irgendwie durchgehend und schon seit Beginn an der Grenze.

Was die Landschaft betrifft, so sind wir vielleicht schon zu verwöhnt. Denn wer vorher die sommerlich-grünen, allseits präsenten Bergwiesen Georgiens genießen und den sich allmählich annähernden Winter, der sich über Armeniens hügelige Weite legt, bestaunen konnte, der muss die landschaftlichen Wow-Momente in Aserbaidschan leider vergeblich suchen. Wir haben sie jedenfalls nicht gefunden. Dafür wartet das Land aber mit anderen Highlights auf, die wir persönlich so noch nie gesehen oder erlebt haben. Da wäre z.B.:

  1. Yanar Dağ - Feuer, das aus Steinen kommt: Es gibt eine Stelle in Aserbaidschan, aus der aus den Löchern und kleinen Spalten des Gesteins natürliche Gase austreten, die das Feuer ununterbrochen am Lodern halten. Wie ein Gasherd.
  2. Qobustan - Uralte Wandmalereien: In Felsen gemeißelte Abbilder von Pferden und Rindern lassen uns in Qobustan ein weiteres Mal staunen.
  3. Qobustan - Schlammvulkane: Wie der Name schon sagt, handelt es sich um viele kleine Vulkane, aus denen durch den Druck des Erdgases Schlamm austritt. An einigen Stellen blubbert und zischt es. Der Schlamm ist nicht sonderlich warm, aber würde sich bestimmt gut als Wellness-Schlammmaske eignen. Apropos Wellness…
  4. Naftalan - Erdöl-Bad: unser persönliches Highlight! Das Erdöl-Bad soll unseren Recherchen zufolge scheinbar ausschließlich in Aserbaidschan möglich sein (das Land hat ja sehr viel davon). Krankheitslindernd vs. krebserregend. Die Meinungen unterscheiden sich, wir haben es dennoch einmal ausprobiert.

Diese paar Attraktionen haben wir besucht, während wir die meiste Zeit jedoch in Baku verbrachten. Elf Tage haben wir insgesamt erledigt, besorgt und auf Ergebnisse von Ämtern gewartet, denn das Visum für Pakistan, das Visum für den Iran und eine Registrierung für das Land Aserbaidschan mussten beantragt werden. Nichts von alldem hat einwandfrei geklappt, das Meiste hat nur unsere Reisezeit gefressen. Für die in unseren Augen überflüssige Registrierung im Land Aserbaidschan (das muss man machen, wenn man als Tourist länger als 15 Tage in dem Land bleiben will) gibt es drei offizielle Anlaufstellen und keine fühlt sich verantwortlich, die Registrierung vorzunehmen. Höflich werden wir von A nach B, dann nach C verwiesen, um am Ende gesagt zu bekommen, dass das Hotel, in dem wir wohnen, die Registrierung vornehmen würde. Ein Hotel… haben wir nicht. Da das jedoch der einzige Weg ist, diese Registrierung zu erhalten, mieten wir uns für drei Tage das erste Mal in ein richtiges Hotel ein. Immerhin haben wir ein nebensaisonales Sparangebot ergattert, sodass eine Nacht uns glücklicherweise nur 4,50 € p.P. inkl. Frühstücksbuffet kostet. Ich freue mich, weil wir das erste Mal ein eigenes Bad haben und Tim freut sich, weil er das erste Mal wieder open-end essen kann – naja zumindest bis 10:30 Uhr. ;-)

Auf dem Zimmer können wir zudem weitere Erledigungen abarbeiten: das Visum für den Iran und Pakistan. Aufgrund unserer blöden, größeren Autopanne in Georgien verfiel leider unser erstes bereits in Deutschland beantragtes Pakistan-Visum. In der Regel gibt es die Möglichkeit für deutsche Reisende, ein Visum auch außerhalb Deutschlands, und zwar nur in Teheren (Iran), persönlich zu beantragen. Unser Glück, dies liegt ja auf unserem Weg - so dachten wir, bis wir das erste Mal von französischen Overland-Reisenden erfahren hatten, dass die Visumausgabe in Teheran aufgrund von irgendwelchen Vorkommnissen zwischen dem Iran und Pakistan bis auf Weiteres eingestellt wurde. Unsere Internetrecherchen belegen dies. Wir versuchen einen Anlauf in der pakistanischen Botschaft in Baku und werden wie erwartet aber sehr freundlich abgewiesen. Es bleibt nichts anderes übrig, als unsere Zweitpässe, die wir für solche Zwecke haben, mitsamt aller Unterlagen jetzt nach Deutschland ins pakistanische Konsulat zu schicken. Wir füllen also den ellenlangen Visumantrag für Pakistan ein zweites Mal aus, beschaffen noch einmal weitere Unterlagen und große Briefumschläge. Wir hetzen durch die Stadt und klappern zusätzlich verschiedene Banken ab, um herauszufinden, ob wir irgendwie Bargeld an das Konto des pakistanischen Konsulats in Frankfurt für die Visumgebühr senden können. An allen Stellen heißt es, dies sei nicht möglich – auch nicht mit Western Union. Warum nicht einfach überweisen? Leider brauchen wir eine Bankbestätigung mit originalem Stempel. Letztendlich überweisen wir dann doch und lassen uns die Bestätigung gegen Gebühr an unsere deutsche Adresse senden, wo unsere liebe Hilke und der liebe Dietmar sich freundlicherweise bereit erklärt haben, die Dokumente dann vollständig weiterzuleiten. DANKE an dieser Stelle noch einmal! :-)

Das Iran-Visum hat zu 50% geklappt. Ich habe es erhalten, Tim jedoch nicht. Wir stehen zum dritten Mal am Schalter der iranischen Botschaft in Baku. Den Mitarbeiter, dessen Englisch im iranischen Akzent für uns nur schwer zu verstehen ist, können wir aufgrund der lauten Hintergrundgeräusche auch akustisch kaum verstehen. Noch weniger verständlich ist aber der Grund, warum Tim sein Visum nicht bekommt. Ich halte das Handy in der Hand mit der Tracking-Nummer, unter der ich den Visumbearbeitungsprozess nachverfolgen kann. Dort steht ganz klar, dass Tims Antrag noch auf Prüfung wartet. Der Mitarbeiter will uns aber weismachen, dass Tims Antrag abgelehnt wurde. Wir wollen mit dem Botschafter sprechen – „Not possible!“ Aus zuverlässiger Quelle wissen wir, dass man für gewöhnlich auch bei Ablehnung einen Bescheid o.ä. per E-Mail erhält. Aber Tims Antrag wird aus irgendeinem Grund einfach nicht weiterbearbeitet. Ich kann gar nicht aufhören, mich darüber aufzuregen. Tim hingegen ist etwas gelassener in dieser Sache, denn er hat noch ganz andere Sorgen: Scudo macht wieder Ärger! Es macht sich der Verdacht breit, dass die Zylinderkopfdichtung undicht ist. Aserbaidschan steht einfach unter keinem guten Stern! Ein kleiner Trost ist, dass Scudo ein neues Design bekommen soll. Über eine Werbeagentur in Baku lassen wir einen professionellen Aufkleber mit unserer bunten Weltkarte drucken, der anschließend professionell auf Scudos Seite aufgeklebt werden soll. Was abgeliefert wird, ist stümperhafte Qualität und alles andere als ein professionelles Handwerk. Schon beim kläglichen Versuch des jungen Mannes, der für die Montage verantwortlich ist, die Bläschen in der Folie wegzustreichen, streift sich gleichzeitig schon die Farbe des bunten Drucks ab. Lächerlich! Am Preis lässt der Inhaber nichts mehr machen und so nehmen wir hin, was uns hier als professionelle Dienstleistung verkauft wurde.

Über den Aufkleber kann man irgendwann hinwegsehen, aber wo lassen wir jetzt die Zylinderkopfdichtung richten? Das Visum für Aserbaidschan läuft in zwei Wochen ab. In Georgien war alles noch so viel einfacher. Es gibt dort keine Visaregularien für uns als Deutsche und wir haben dort unseren Freund Dima und unseren Mechaniker Lasha, der mit Scudo durch unseren letzten großen Schaden vertraut ist. Wir überlegen, wieder nach Georgien zu fahren und das Auto wieder in der Werkstatt in Sugdidi reparieren zu lassen. Mal abgesehen davon, dass wir noch einmal ca. 1000 km in die entgegengesetzte Richtung fahren würden, befindet sich Dima gerade in Deutschland. Zu ihm könnten wir benötigte Ersatzteile liefern lassen, die er nach Georgien mitbringt. Das würde Zeit und Geld sparen. Aber eigentlich ist es auch absurd, wir wollen endlich weiter kommen. Deshalb klappern wir zunächst in Baku sämtliche „Fiat“-Werkstätten ab, denen unser Scudo jedoch zu alt ist, als dass er von den Mechanikern dort repariert werden könnte. Ersatzteile finden wir auch keine und wir kennen hier niemanden, der uns helfen könnte. Doch dann treffen wir zufällig auf „Johnny“. Johnny will uns helfen, schmiert uns ordentlich Honig um‘s Maul und wir freuen uns, dass es doch noch nette und kompetente Menschen hier gibt. Vertrauensvoll geben wir ihm unsere 80 Aserbaidschanisch-Manat (ca. 40 €) in die Hände, für die er uns die benötigten Autoteile holen will. Gott hab‘ ihn selig, wenn ihm etwas zugestoßen ist. Aber wir haben eine andere Vermutung, warum Johnny nie wieder aufgetaucht ist. Schade ist das! Nicht um das Geld, sondern darum, dass derartige unwohlwollende Erlebnisse mit einzelnen Menschen auf die ganze Gesellschaft des jeweiligen Landes zurückfallen – zwangsläufig! Es stimmt einen einfach enttäuscht. Wir analysieren die Begegnung mit Johnny in Grund und Boden, um die Indizien herauszufinden, an denen wir hätten erkennen können, dass er ein Scharlatan ist. Nach dieser Aktion von Johnny will uns ein anderer Mann zum Tee einladen. Wir nehmen seine Einladung an, aber das Gespräch am Tisch dreht sich hauptsächlich um Geld, um €, um Tims Beruf und Portemonnaie und um das Leben in Deutschland – ähnliche Fragen, die auch Johnny uns stellte. Reine Neugier oder Indizien für irgendeinen Hinterhalt? Wir wollen es gar nicht herausfinden und verabschieden uns relativ schnell. Auf dem Rückweg dieses Teetrinkens schwärmen Tim und ich gemeinsam von der Zeit in Georgien. Unserem zweiten Zuhause. Das Land, in dem wir – nach Deutschland – die meiste Zeit unseres Lebens an einem Stück verbrachten. Das Land, wo wir den meisten Kontakt mit Einheimischen hatten und niemals über’s Ohr gehauen wurden. In dieser Schwärmerei wird uns klar, dass wir noch einmal nach Georgien fahren würden. Um Scudo (wieder) zu reparieren, um Tims Iran-Visum (erneut) zu beantragen und gewonnene Freunde zu besuchen. Bye bye, Aserbaidschan! Vielleicht klappt es ein anderes Mal besser mit uns.

Ach da war ja noch etwas: Die Verabschiedung aus Aserbaidschan setzt dieser Verkettung unglücklicher Umstände ein kleines Sahnehäubchen auf. Eine Woche vor Ablauf unseres Visums machen wir uns langsam aber sicher auf nach Georgien. Wir wollen in den nächsten drei, vier Tagen in Ruhe in Richtung Grenze tingeln, als wir plötzlich von der Polizei angehalten werden und seit der gesamten Reise tatsächlich den ersten Betrugsversuch eines Uniformierten erleben. Tim soll angeblich zwölf Mal geblitzt worden sein. Wir müssen auf’s Revier. 600 Manat (300 €) will uns der Polizist pauschal für dieses „Vergehen“ abknöpfen. Drei Blitzer-Fotografien kann er tatsächlich nachweisen. Tim will alle anderen Fotos auch sehen, bevor er irgendetwas bezahlt und hakt zudem nach, ob jede Geschwindigkeitsüberschreitung pauschal 50 Manat kostet. Die offensichtlich ehrliche Antwort des Polizisten: „0-20 kmh kostet nichts und ab 20 kmh kostet’s 50 Manat.“ Tim sieht sich die drei vorhandenen Fotos noch einmal genauer an und erkennt auf zwei von ihnen ganz klar eine Überschreitung von unter 20 kmh. „Wie kann es dann sein, dass ich pauschal 600 Manat, also für alle angeblichen zwölf Vergehen 50 Manat bezahlen muss, wenn ich doch schon an zwei Fotos erkenne, dass ich weniger gefahren bin?“, fragt Tim weiter. Der Polizist druckst herum, meint, wir könnten alle Fotos an der Grenze sehen und dort auch bezahlen. Plötzlich dreht er den Spieß um und sagt, er wolle uns helfen: Wenn wir das Land bis 18:00 Uhr verlassen, dann brauchen wir gar nichts zu zahlen. Uns hält hier ohnehin nichts mehr. Um 17:58 Uhr begrüßen uns die georgischen Grenzbeamten mit den warmen Worten: „Welcome to Georgia!“

Immerhin hatten wir einen schönen Platz während unserer Zeit in Baku.
Auf dem Weg in die Werkstatt nach Georgien. Alle 50-100 km muss Tim den Druck durch Abgase aus dem Kühler ablassen und die Wäsche trocknet vor sich hin.


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