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Unser Weg über eine der gefährlichsten Straßen der Welt – Georgien

  • von Alicia
  • 28 Okt., 2018
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In Georgien soll sie sein – eine der gefährlichsten Straßen der Welt. So heißt es zumindest in den Medien. Gut. Wir sind gerade in Georgien. Mit dem eigenen Fahrzeug. Logisch, dass wir uns diese einmalige Gelegenheit nicht nehmen lassen und uns ins Abenteuer Omalo stürzen.

Omalo ist das Ziel dieser ca. 60 km langen „Straße“. Irgendwo in den Bergen des Kaukasus, wo es dem Ende der Welt gleichen soll, liegt das 37-Seelen-Dorf. An einem Donnerstag soll es losgehen. Also kein Freitag und kein Dreizehnter. Somit kann nichts schief gehen, vor allem, weil wir kurz vor Abfahrt ein rostiges Hufeisen gefunden und als Glücksbringer mitgenommen haben.

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Teil Eins

Wie immer sitzen wir nebeneinander im Scudo. Tim am Steuer und ich hoffentlich als mentale Unterstützung. Vor uns sehen wir die kaukasischen Giganten, die schon jetzt, auf der noch geteerten Straße im Tal, Skepsis hervorrufen: Schaffen wir das überhaupt? Je weiter wir fahren, desto schotteriger wird der Weg. Irgendwann beginnt die Passstraße nur noch einspurig zu verlaufen. Zu meiner Rechten sehe ich noch den Fluss und Menschen, die dort eine Pause machen; und zu meiner Linken sehe ich meterhohe, faszinierende Felswände.

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Langsam, aber mit Bedacht arbeiten wir uns immer weiter vor. Die ursprüngliche Aussicht auf den Fluss zu meiner Rechten wurde inzwischen durch einen tiefen Abgrund ersetzt, der ins Leere zu führen scheint. Ich kralle mich in den Sitz, male mir aus was wohl schlimmer wäre: Den Abgrund rechts hinunter zu stürzen oder einen riesigen Felsen von links auf das Dach zu bekommen. Dann schaue ich zu Tim und sehe seinen konzentrierten Blick unter seiner schweißnassen Stirn. Der macht das schon, denke ich, und versuche mich ein wenig zu lockern, obwohl wir gerade an den ersten von vielen kleinen Gedenkstätten für Unfallopfer vorbeifahren.

„Denk an den Abgrund rechts von mir“, erinnere ich Tim immer wieder, sobald er rechts ran fährt, um dem Gegenverkehr Platz zu machen. Man erkennt, ob es andere selbstfahrende Touristen oder die alten Hasen sind, die die Touristen mit den typisch georgischen Minivans nach Omalo und wieder zurück kutschieren. Die rasen nämlich sehr gekonnt auf dieser gefährlichen Straße entlang.

Für den Abgrund unter uns und die immer brüchiger wirkende gigantische Steinwand über uns interessiert sich Scudo reichlich wenig. Die steilen Spitzkehren der Serpentinen sind es, die ihm zu schaffen machen. Zwei Mal wird uns auf unserer Tour Hilfe angeboten. Das erste Mal zieht uns ein Pick-up mit unserem Abschleppseil eine kritische Spitzkehre hoch. Ich stehe draußen und beobachte das Szenario, schaffe es jedoch nicht einmal hinterherzulaufen, um wieder einzusteigen, wird Scudo schon wieder hochbugsiert. Diesmal von einem jungen Georgier, der den Ruf eines talentierten Fahrers weg hat. Mit einem geschickten Spiel aus Kupplung und Gas, und einem Hauch von Alkoholfahne, schafft er es, Scudo um die nächste kritische Spitzkehre zu führen.

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Das wäre erst einmal geschafft. Wir arbeiten uns weiter vor mit der Kupplung-Gas-Technik, die Tim sich abgeschaut hat. Die nächsten Spitzkehren schaffen wir so, aber es wäre gelogen, wenn wir sagten, dass dies ein Leichtes sei. Teilweise müssen wir zwei bis drei Mal Anlauf nehmen, um wieder eine Etappe weiter zu kommen. Scudo, der Arme, raucht und qualmt und ist irgendwann am Ende seiner Kräfte. Der Keilriemenriss in Russland hängt ihm noch nach, sodass er auf ca. 2.500 Höhenmetern beschließt, dass es hier nicht mehr weitergehen soll. Drei Anläufe versuchen wir zwar noch, aber: Rien ne va plus! Feierabend! Am Rande der Spitzkehre, mitten im Nichts, müssen wir also campen. Was zunächst klingt wie ein hässlicher Traum, entpuppt sich jedoch zu einem romantischen Abend am Lagerfeuer, mit einer sensationellen Aussicht auf die Berge und einem sternenklaren Himmel, auf welchem wenig später der Mond mit seinem Wolkengefolge zwischen den Gipfeln hervorscheint.

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Am nächsten Morgen nehmen wir nach dem Frühstück die Rückfahrt in Angriff. Enttäuscht darüber, dass es nicht geklappt hat, sind wir nicht. Das war das Erlebnis, das für uns vorgesehen war und so soll es sein. So halten wir es uns in Erinnerung – für’s Erste.
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Teil Zwei

Wäre aber doch ganz schön zu wissen, wie es dort, am anderen Ende der Welt, aussehen mag. Es sind mittlerweile 21 Tage vergangen. Scudo hat inzwischen vollkommen den Geist aufgegeben und weilt erst einmal in der Werkstatt. Unterdessen nehmen wir das Angebot des ADAC in Anspruch. Es heißt, als ADAC Plus Mitglied bekommen wir entweder drei Tage Hotel oder sieben Tage Mietwagen im Falle einer solchen Panne erstattet. Ein Hotel, das wäre ja mal etwas Feines. Aber es reicht erst einmal auch, nur darüber zu schwärmen. Wir sind das Outdoor-Leben ohnehin schon so gewöhnt, dass wir einstimmig beschließen, den Mietwagen zu wählen (ein selbstbezahltes kleines Hostelzimmer wurde es für mich die Woche darauf aber dann doch ;-)). Wir wollen also einen Wagen mit Allradantrieb, um all die Pässe im Kaukasus, die Scudo nicht geschafft hat, noch einmal bis zum Ende abzufahren. Da wäre ja der oben beschriebene Abano Pass nach Omalo in Tuschetien, aber auch der Pass durch Swanetien, der uns aufgrund einer anderen kleineren Panne nicht vergönnt war.

Also nochmal von vorne das Ganze. Wir befinden uns wieder auf einer der gefährlichsten Straßen der Welt – zum zweiten Mal. Der Gegenverkehr ist merklich weniger geworden zum Ende der Saison. Es ist jetzt etwas entspannter, fast so, als seien wir nun die alten Hasen. Relativ zügig erreichen wir mit dem geliehenen Toyota RAV4 unseren Ausgangspunkt. An dem alten rostigen Strommast, der hier oben sowieso keine Funktion hat, klebt noch unser Sticker vom letzten Mal. Wir steigen kurz aus, können die Aussicht von einst allerdings nicht genießen, denn unser kleiner Platz hier in den Bergen ist so wolkenverhangen, dass nichts wiederzuerkennen ist. Also keine Zeit verlieren. Wenig später erreichen wir die Passhöhe und es tut sich uns ein blauer Himmel auf. Ab jetzt geht es wieder abwärts.

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Auf der anderen Seite des Massivs scheint die gigantische Felswand noch brüchiger zu sein. Riesengroße schieferplattenartige Gesteine ragen aus der Wand heraus. Die Straße ist steiniger und holpriger als zuvor. Die Spitzkehren werden enger und der Abgrund noch steiler. Wir hätten Scudo keinen Gefallen getan, hätten wir ihn durch diesen weiteren Weg gejagt. Für ihn ist es besser, dort wo er jetzt ist. Und für uns beginnt das Abenteuer Omalo in einer neuen Dimension.
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Als wir endlich das Tal unseres Weges erreichen, folgen wir einem Fluss, der später in einen türkisleuchtenden kleinen See mündet. Die Landschaft verspricht längst nicht erst hier, was sie am Ziel in Omalo absolut einhält. Gegen frühen Abend kommen wir an. Wir sind überwältigt von den Gipfeln der Berge um uns herum, dem königsblauen Himmel, der uns so nah erscheint wie nie, und den historischen Dörfern mit ihren Wehrtürmen aus längst vergangenen Zeiten. Es ist nicht das Ende der Welt, es ist ein Märchenland.

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Eine Nacht bleiben wir hier und zelten auf einer Wiese mit unglaublicher Aussicht. Für unseren Abend in Omalo haben wir uns georgischen Weißwein besorgt und genießen das Lagerfeuer unter klarem Himmel, der sich bis in den nächsten Tag zieht.

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Der zweite Tag ist zum Wandern angedacht. Wir starten die Wanderung in Bochorna, dem höchsten Dorf Europas (2.345 m). Wir spazieren hindurch und merken, es ist wie ausgestorben. Aber die trocknende Wäsche in einem der Gärten lässt darauf schließen, dass hier noch Leben herrschen muss. Durch das Dorf hindurch nehmen wir unseren Weg in Richtung Berghang. Wir steigen einige Höhenmeter gen Himmel, jedoch nicht bis zum Gipfel. Da uns die Zeit heute nicht zum ausgiebigen Wandern reicht, verbringen wir zumindest dort oben in den Bergen eine ausgedehnte Pause im Gras und fühlen uns für einen kurzen Augenblick in die Welt von Heidi und dem Ziegenpeter versetzt. Bis es wieder bergabwärts geht. Komplett. Auf ein Neues nehmen wir an diesem Nachmittag die Fahrt auf einer der gefährlichsten Straßen der Welt auf uns. Die halbe Strecke davon nun schon zum vierten Mal. Der Weg scheint inzwischen schon so vertraut, dass auch ich mich traue, die zweite Hälfte des Weges nach der Passhöhe mit dem uns fremden Mietwagen hinunterzufahren. Und auch wenn wir froh sind, unten heil wieder angekommen zu sein, müssen wir schon am nächsten Abend zum ersten Mal feststellen, dass kein Schlafplatz in Georgien nach unserem Omalo-Trip je wieder so schön sein würde wie dort.
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